Miserikordias Domini (Die Barmherzigkeit, Gottes, des Herrn)

Christus hat gelitten für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen; er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand; der, als er geschmäht wurde, die Schmähung nicht erwiderte, nicht drohte, als er litt, es aber dem anheimstellte, der gerecht richtet; der unsre Sünden selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben.
Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.
Denn ihr wart wie irrende Schafe; aber ihr seid nun umgekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.
1. Petrus 2,21-25
Liebe Gemeinde, liebe Mitmenschen,
bestimmt kennen Sie solche Situationen. In einer Runde wird eine ziemlich unangenehme Aufgabe beschrieben. Und dann kommt die Frage: „Wer macht das?“. Wie auf Kommando richten alle den Blick nach unten. „Wenn ich nicht hinschaue, werde ich auch nicht gesehen“, mag dabei die Hoffnung sein. Und wehe, wer zuerst aufblickt! Das gilt als Ja, und schon hat man diese unangenehme Aufgabe am Hals.
Sich vor Unangenehmen drücken zu wollen, das ist menschlich. Denn das ist mit Ärger verbunden, zehrt an den Kräften und treibt einen manchmal zur Weißglut. Alles andere als erstrebenswert.
Der Schreiber des 1. Petrusbriefes erinnert daran, dass Jesus Christus, der Gesalbte, eben nicht nach unten geschaut hat, um sich dem Unangenehmen zu entziehen. Er hat sich vielmehr schmähen lassen, hat gelitten und sein Leib wurde „hinaufgetragen ans Holz“, eine harmlos klingende Beschreibung dafür, dass er mit dieser Foltermethode qualvoll getötet wurde.
Und der Schreiber erinnert weiter daran, dass Christenmenschen diesem von Christus gegebenen Beispiel folgen, in seine Fußstapfen treten sollen.
Manche waren der Meinung, das heißt, wir müssen – mit aller Gewalt – das Leiden suchen. Aber das wäre abwegig. Es geht darum, dem Leiden nicht auszuweichen, wenn es denn an dem ist.
Andere nahmen das Bild des Hirten auf und meinten, sie müssten einfach blind nachlaufen. Aber auch das wäre abwegig, denn dazu sind die Zeiten zwischen damals und heute viel zu verschieden. Also muss jede Generation, jeder einzelnen Menschen den Weg finden, der aktuell, hier und jetzt, vorgezeichnet ist.
Beides liest sich leichter, als es in der Tat und im Leben umgesetzt werden kann. Darum sind wir darauf angewiesen, immer wieder daran erinnert zu werden. Und der Sonntag, der davon erzählt, dass die Barmherzigkeit Gottes (Miserikordias Domini)nicht aufhört, tut das auf eigene Weise jedes Jahr neu.
Manche Menschen neigen ja dazu, dass dann ganz perfekt umzusetzen. Aber in diesem Perfektionismus ist schon fast automatisch auch das Scheitern angelegt. Nam June Paik, ein aus Südkorea stammender US-amerikanischer Komponist und bildender Künstler gilt als ein Begründer der Video- und Medienkunst. Er hat den Ausspruch getätigt: „Wenn too perfekt, lieber Gott böse“. Aber größer als das, so die Botschaft des Sonntags, ist Gottes Barmherzigkeit. Darauf zu vertrauen, ist der Weg, den Fußstapfen, die vorgezeichnet sind, zu folgen. Dabei können wir auch ausrutschen oder mal daneben treten. Dennoch bleiben wir in Gottes Barmherzigkeit eingeschlossen. Sie hilft uns auf die Füße und zeigt uns den Weg, auf dem wir gehen können.
Amen

Gott der Barmherzigkeit und Güte,
wie ein guter Hirte behütest du uns. Du leitest unsere Schritte richtig und gehst mit uns in Zeiten der Traurigkeit und an Tagen der Freude.

Wir bitten dich für alle, die in Unsicherheit und Angst leben müssen.
Wir denken an die vielen Menschen, die auf der Flucht sind, die zurücklassen müssen, was ihnen Heimat und Geborgenheit war.
Wir sehen ihr Leid. Lass uns nicht abstumpfen und gleichgültig werden.

Wir bitten dich für alle, denen das Notwendige zum Leben fehlt.
Wir denken an die, die Tag für Tag Mangel erleiden.
Wir sehen ihre Not. Lass sie bei uns nicht vergessen sein. Lass uns dankbar mit ihnen teilen, was du uns reichlich schenkst.

Wir bitten für die Menschen, die Schweres durchleiden.
Wir denken an die, die wandern im finsteren Tal, die keinen Ausweg mehr finden.
Wir sehen ihre Angst. Ermutige uns, sie nicht allein zu lassen. Lass uns geduldig bei ihnen bleiben.

Wir leben von deiner Güte. Du schenkst uns, was wir zum Leben brauchen.
Dafür danken wir dir.
Amen.
Wenn Sie möchten, können Sie jetzt ein Vaterunser beten.